Nürnberger Immobilien Börse

Rechtsprechung BGH: Belastungsverbot hindert nicht Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung

veröffentlicht am: 21.11.2016

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf einzelnen Eigentümern grundsätzlich keine neuen Leistungspflichten aufbürden. Die übrigen Eigentümer können aber dennoch nach § 10 Absatz 2 Satz 3 WEG verlangen, dass eine unbillige Vereinbarung geändert wird. Vorrang vor einer solchen Veränderung hat jedoch die sachgerechte Auslegung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung. Das hat der Bundesgerichtshof klargestellt (Urteil vom 13.05.2016, Az. V ZR 152/15).

Im strittigen Fall stand zunächst eine Teileigentumseinheit als Sauna mit Dusche sämtlichen Wohnungseigentümern zur Mitnutzung zur Verfügung. In der Gemeinschaftsordnung war vorgesehen, dass diverse näher bezeichnete Betriebskosten von den Eigentümern nach Flächenanteilen getragen, die »Räume für Sauna/Solarium/Fitness« jedoch nicht an den Gemeinschaftskosten zu beteiligen sind. Nach einem entsprechenden Beschluss durch die Wohnungseigentümer kündigte die Verwalterin im Oktober 2006 den mit der damaligen Eigentümerin der Teileigentumseinheit geschlossenen Nutzungsvertrag. Die Räume werden nun von ihr als Lager genutzt. Nach der Nutzungsänderung kam es zwischen den Eigentümern zum Streit über die Umlage der Gemeinschaftskosten auch auf diese Teileigentumseinheit. 2009 beschloss die Eigentümergemeinschaft eine Anpassung der  Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG. Zwischen 2007 und 2012 kam es zu widersprüchlichen amtsgerichtlichen Urteilen  darüber, ob die Teileigentumseinheit auch nach der Schließung der Sauna von den Betriebskosten befreit ist. Daraufhin verklagte die Eigentümergemeinschaft den Eigentümer des Teileigentums und verlangte die Zustimmung zur Änderung der Gemeinschaftsordnung und hilfsweise die Feststellung, dass die Teileigentumseinheit nur so lange und insoweit von der Kostenbeteiligung befreit ist, wie sie auch tatsächlich allein Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft für eine Saunanutzung zur Verfügung gestellt wird. 

Aus Sicht der Karlsruher Richter ist der Beschluss der Eigentümergemeinschaft aus dem Jahr 2009 nichtig. Aufgrund des sogenannten Belastungsverbotes könne zwar eine ursprünglich vereinbarte Kostenbefreiung nicht aufgehoben und eine erstmalige Kostentragungsverpflichtung eingeführt werden. Nach § 16 Abs. 3 WEG ist lediglich eine andere Verteilung einer bereits bestehenden Kostentragungslast möglich. Allerdings stehe das Belastungsverbot einem Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG grundsätzlich nicht entgegen. Tatsächlich sei im vorliegenden Fall aber bereits in der Gemeinschaftsordnung festgehalten, dass die Kostenbefreiung nur gelte, wenn und solange die Teileigentumseinheit der Gemeinschaft als Sauna zur Verfügung stehe. Für einen Änderungsanspruch sei daher kein Raum mehr, die Auslegung der Gemeinschaftsordnung gehe dem Änderungsanspruch vor.  

Der Hilfsantrag auf Feststellung dagegen ist begründet, so der BGH. Aufgrund der widersprüchlichen Urteile bestehe ein konkretes rechtliches Interesse, die Pflichten des Eigentümers der Teileigentumseinheit feststellen zu lassen. 


Rechtsanwalt Gerhard Frieser 
1. Vorsitzender Grund- und Hausbesitzerverein Nürnberg und Umgebung e. V. 
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